Christine, 59, Stationshilfe, Sachsen-Anhalt

Nach der Öffnung der Westgrenze stellte sich wahrscheinlich jeder Mensch im Osten unter dem Wort Freiheit etwas anderes vor. Ein Kraftfahrer sehnte sich beispielsweise danach, Waffen zu besitzen. Für ihn ein Glücksgefühl, für seine Frau ein Albtraum.

Ich unterschätzte als junge Frau, dass das Leben wie eine Berg- und Talbahn ist. Wer lieber von Licht und Schatten spricht, ja, auch das geht locker durch. Bei mir gab es zunächst viel Licht. Ich wuchs in einem kleinen Städtchen in Sachsen-Anhalt auf und lernte nach der 8. Klasse Stationshilfe. Ja, mit Manfred wollte ich alt werden. Ich war mir sicher, den Mann fürs Leben gefunden zu haben. Wir kauften von dem Kredit, den ich aufnahm, ein Haus und zogen von der Kleinstadt auf das platte Land. Das Haus stand leer, war jedoch in keinem baulich guten Zustand. Manfred richtete es so einigermaßen wieder her, aber wenn ich heute daran denke, schüttelt es mich noch immer: Es gab keinen Wasseranschluss. Um an diese lebenswichtige Flüssigkeit zu gelangen, musste ich in den Keller hinabsteigen, dort die Kannen unter den Wasseranschluss stellen, diese füllen und anschließend mühevoll wieder hinaufkraxeln. Noch schlimmer war es mit der Toilette. Zwar befand sich auf dem Hof ein Plumpsklo, aber im Winter bei Minusgraden dort hinzugelangen, glich einer Tortur. Doch wenn man frisch verliebt ist, sieht man nicht, wohin man steuert. Trotz der widrigen Umstände lebten wir lange Zeit gut in unserem Häuschen. Verheiratet waren wir nicht, aber darauf legten wir keinen allzu großen Wert, für mich war er mein Mann.

Ich erlebte in unserer Lebensgemeinschaftszeit wahrhaft schöne Stunden. Wir waren lange Zeit happy. Das kann ich mit Fug und Recht sagen. Er war ein fürsorglicher Vater, liebevoll, zärtlich, er tobte mit dem Jungen herum und wir hatten Spaß. Zudem kümmerte er sich auch um die schulischen Dinge. Herz, was willst du mehr. Manfred und ich waren glücklich, Matthias hatte es ebenfalls gut bei uns. Das waren die sieben glücklichsten Jahre in meinem Leben, nämlich von 1983 bis 1990. Danach begann meine dunkle Zeit - die Schattenzeit. Eine, die ich am liebsten aus meinem Gedächtnis streichen würde. Weg damit. In den Müllleimer oder sonst wohin. Die Zeit meines seelischen Untergangs ging einher mit der gesellschaftlichen Wende in der DDR, die mit Wucht einsetzte und deutlich Wirkung hinterließ. Über den Sozialismus stellte ich nie große Betrachtungen an. Unser Nachbar sagte: „Im Westen ist nicht alles Scheiße und in der DDR ist nicht alles Gold.“ Ich sah das ähnlich. Für Wohnungen musste man wenig Miete zahlen, das Essen war günstig, wir lebten doch nicht schlecht. Manfred äußerte sich hingegen ausgesprochen krass. Mit dem konnte man nicht über die DDR reden, da war nicht gut Kirschen essen mit ihm. Er hasste das System. Doch das half ihm nicht weiter. Manfred, von Beruf Kraftfahrer, wurde von heute auf morgen arbeitslos, das war Anfang der 1990er Jahre. Damit nahm das Unglück seinen Lauf. Von dem Schock erholte er sich nie wieder. Es war so, als wenn jemand in seinem Kopf den Schalter umgelegt hätte, vergleichbar mit einer totalen Blockade. Es kam, wie es vielfach in solchen Fällen kommt: Er begann zu trinken. Immer mehr, immer öfter. Hinzu kam seine zunehmende Aggressivität. Wir stritten viel, denn das Geld reichte aufgrund seines Alkoholkonsums hinten und vorne nicht. „Du bis nichts wert, du nimmst mir die Luft zum Atmen“, und noch schlimmere Worte musste ich mir täglich anhören. Doch das reichte ihm nicht. Es dauerte nicht lange, bis körperliche Attacken folgten, die ich bis dahin nicht kannte: Ohrfeigen, Tritte, Kopfnüsse und Schläge gehörten zur Tagesordnung. Manfred kümmerte sich alsbald nicht mehr um mich oder unseren Sohn. Fortan gab es nur noch eins: Waffen - die liebte er über alles. Ein Waffennarr vor dem Herrn. Eines Tages, ich kann mich nicht mehr an den Monat und gleich gar nicht an den Tag erinnern, ereignete sich eine folgenschwere Begebenheit...

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