Volkmar Bergner, 70, Schulleiter, Sachsen-Anhalt

In der DDR galt er als Rebell, durch und durch. Einer, der die politische Linie der SED konsequent ignorierte. Das brachte ihm den Besuch der Stasi ein. Von einem guten Freund wurde er gar an sie verraten. 20 Jahre arbeitete Volkmar Bergner nach der Wende als Schulleiter an einer Sekundarschule. Die heutige Bildungslandschaft sieht der ehemalige Lehrer für Mathe und Physik indes kritisch.

Mitglied der SED oder der FDJ zu werden, kam mir nie in den Sinn. Schon deshalb nicht, weil ich von jeher einen starken Gerechtigkeitssinn besaß, der mir sagte, dass hier etwas grundsätzlich falsch lief. Immer weiter entfernten sich Theorie und Praxis. Dieser Spagat konnte nicht gut gehen. Auch privat geriet ich mit der DDR auf Kollisionskurs. Kein Wunder, beherbergte ich doch zu Hause mehrmals gute Freunde, Freunde, die in den Westen ausreisen wollten. Unser Zuhause wurde fortan von der Stasi observiert Doch ich beugte mich denen nicht und sammelte stattdessen unbekümmert in unserer Straße Unterschriften für eine bessere Umweltpolitik. Ich kam allerdings nicht weit, denn schon nach dem zweiten Hauseingang wusste die Stasi-Kreisbehörde unserer Stadt Bescheid. Ich musste dort antanzen….

In den 1980er Jahren nahm bei mir die Wut ob der Zustände in der DDR rasant zu. Das führte unweigerlich dazu, dass ich mit meinem Kumpel, der ebenfalls Lehrer war, heimlich über Flucht sprach. Es war zu verlockend, in Ungarn über die Grenze abzuhauen. Zumal wir mit unseren Frauen und Kindern gerade am Balaton den Urlaub verbrachten. Möglicherweise hätte ein Funke genügt, das Unmögliche in die Tat umzusetzen. Doch ich bin ehrlich: Wir brachten nicht den Mut auf und ergaben uns unserem Schicksal, das uns weiterhin ein Leben in der DDR bescherte…

Nach der friedlichen Revolution setzte eine gigantische Aufbruchsstimmung ein. Der SED-Mief sollte aus allen Bereichen für immer verschwinden. Den aus unserem kollektiven Gedächtnis zu tilgen, war zur Herzenssache geworden. Wir bauten an einem neuen Staat, einem, der es gut mit den Menschen meint. Ein Staat, der den Erbauern in der Tat auch etwas bietet. Soziale Marktwirtschaft war auf einmal zum Greifen nahe und das Zauberwort schlechthin. Das Althergebrachte über Bord werfen, Neues anpacken, sich für ein besseres Leben einsetzen, das alles machte plötzlich Sinn. Im Frühjahr 1993 wurde ich auf einer Schulkonferenz einstimmig zum Schulleiter gewählt, dessen Amt ich 20 Jahre lang ausübte. Der Weg zur sozialen Marktwirtschaft, das merkte ich alsbald, war extrem steinig. Meine Vorstellungen von Schulunterricht, von effektiven Lernmethoden waren mit denen unserer Behörde nicht identisch. Anfangs nur als keiner Riss wahrnehmbar, entwickelten sich die Differenzen mehr und mehr hin zu einem grandiosen Brückenschaden. Das Amt mit dem Gesetz im Rücken auf der einen Seite, ich auf der anderen. Unüberbrückbare Auffassungen trennten uns. Die vom Bildungsministerium festgelegten Lehrpläne, die für alle Lehrer Gesetz waren, nahmen immer krassere Formen an: Wer im Sport nicht Turnen wollte, konnte das abwählen. Es sei schließlich „gefährlich“. Wer im Wasserbecken nicht mehr tauchen will, bringt eine Entschuldigung der Eltern mit. Damit ist die Sache erledigt. Die Lehrer wurden strikt angehalten, die Normen und Regeln herabzusetzen. Nicht die Schüler passen sich dem Lern- und Schulstoff an, nein, der Lehrer passt sich dem Schüler an. Doch es kommt noch kurioser. So schrieb mir eine Mutter: „Bitte sehen Sie morgen von einer Klassenarbeit ab, mein Sohn hat Geburtstag.“...

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